Das Frühjahr hat begonnen und damit strömen österreichweit wieder viele Radfahrer in die Züge. Um einerseits Alltagswege effizient mit der Kombination aus Fahrrad und Zug zurückzulegen und um anderseits mit Fahrradausflügen eine naturverbundene, nachhaltige Form der Freizeitgestaltung zu wählen. Im folgenden fassen wir für euch zusammen, welche Möglichkeiten der Fahrradmitnahme die ÖBB in verschiedenen Zügen anbieten.
ÖBB Cityshuttle
Beginnen wir mit den klassischen CityShuttle-Reisezugwagen. Diese verkehren seit den 1980er-Jahren in weiten Teilen Österreichs. Seit einer Modernisierungsoffensive Mitte der 1990er-Jahre verbinden sie in ihrem charakteristischen rot-grauen Erscheinungsbild Stadt und Land. Grundsätzlich ist der Zug mit seinen Stufeneinstiegen leider nicht wirklich für das Ein- und Ausladen von Fahrrädern prädestiniert. Doch sofern kein schweres E-Bike eingeladen werden muss, ist der Einstieg dennoch gut möglich.
Mit einem einzigen Fahrradstellplatz je Wagen erscheinen die Möglichkeiten zur Fahrradmitnahme tatsächlich nicht als zu groß. Zumindest ist an diesem Fahrradstellplatz auch eine Halterung für Ski montiert. Doch im Steuerwagen jedes Zugs gibt es 7 Haken, wo Fahrräder mit angenehm viel Abstand zueinander aufgehängt werden können. Der gegenüberliegende Bereich ist für Kinderwagen und Rollstühle reserviert, doch auch dort könnte man problemlos zusätzliche Haken für Fahrräder anbringen, was die Anzahl der Fahrradplätze allein im Steuerwagen auf 14 erhöhen würde.
Das große Highlight der CityShuttle-Züge hinsichtlich der Fahrradmitnahme sind allerdings die RegioBike-Wagen. Diese entstanden 2012 durch den Umbau von CityShuttle-Wagen. Neben der obligatorischen Halterung für ein Fahrrad an einem Wagenende, umfassen diese Wagen eine Vorrichtung, die 24 Fahrräder fassen kann. Das Abstellen der Fahrräder ist ausgesprochen einfach sowie platzsparend. Durch ein einfaches Aufhängen am Lenker werden die Räder fixiert und haben dann einen stabilen Stand für die Zugreise.
ÖBB Talent
Die seit 2005 in Betrieb befindlichen Talent-Triebzüge verfügen über 2 Mehrzweckbereiche. Einer inkludiert WC und Rollstuhlstellplatz. In manchen Garnituren zusätzlich ein Fahrkartenautomat. Die Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind dort also limitiert, speziell, wenn auch Kinderwagen an Bord sind. Im anderen Mehrzweckbereich sind 4 Plätze vorgesehen, wo Fahrräder an die Zugwand gelehnt werden können. Im Vergleich zu Hängevorrichtungen ist dies wenig platzsparend, doch zumindest können die Stellplätze doppelt belegt werden, womit maximal 8 Stellplätze für Fahrräder erzielt werden.
ÖBB Desiro ML - Baureihe 4748
In Tirol verfügen die Desiro-Züge über 258 Sitzplätze und 8 Mehrzweckbereiche. Innerhalb der Mehrzweckbereiche befinden sich 32 Klappstühle, die eigentlich für Fahrräder und Kinderwagen reserviert sein sollten. Auch wenn die Beschilderung im Zug darauf hinweist, dass pro Mehrzweckbereich 3 Fahrräder untergebracht werden können, ist dies etwas utopisch. Mehr als zwei Fahrräder können realistischerweise nicht untergebracht werden.
Die Fahrräder können mit einem stabilen Spanngurt gesichert werden. Insgesamt verfügen die Tiroler Desiro-Garnituren somit über 16 Fahrradstellplätze. Als besonderes Highlight ist zu erwähnen, dass sich bei 4 Mehrzweckbereichen Sitzplätze direkt neben dem Fahrrad befinden. Sofern diese frei sind, kann man sich direkt neben das eigene Fahrrad setzen, was, wie wir finden, zu einem sehr angenehmen und sicheren Reiseerlebnis beiträgt.
Prinzipiell sind die Vorarlberger Desiro-Garnituren baugleich mit den Tiroler Garnituren, jedoch unterscheidet sich das Innendesign der Züge für die beiden Bundesländer nicht nur in der Farbgebung, sondern auch in der Sitzanordnung. In den Vorarlberger Garnituren sind 206 Sitzplätze und 82 Klappsitze eingebaut. Dazu kommen nach offiziellen Angaben 39 Fahrradstellplätze. In einem Steuerwagen sind 4 Mehrzweckbereiche integriert, die insgesamt 8 Fahrräder aufnehmen können. In einem Zwischenwagen gibt es 6 Mehrzweckbereiche und somit 12 Fahrradstellplätze. Leider muss man in beiden Wagen sein Fahrrad direkt neben dem Ein- und Ausstiegsbereich abstellen und sich dann einen Sitzplatz mit dem Rücken zum eigenen Fahrrad aussuchen. Eine Ausnahme bilden lediglich 4 Sitzplätze im gesamten Zug.
Im anderen Zwischenwagen ist ein komplettes Fahrradabteil eingerichtet. Dieses ist nach offiziellen Angaben für 19 Fahrräder ausgelegt und es sind auch entsprechend viele Halterungen vorhanden. Doch in der Praxis kann es nie so viele Fahrräder fassen. Die Fahrräder müssten hierzu perfekt aufgefächert einsortiert sein, was während des laufenden Betriebs kaum möglich ist. Auch dürften dann die Klappstühle auf der anderen Seite nicht genutzt werden. Denn die die ÖBB davon aus, dass die Fahrräder nur bis zur Gangmitte reichen. Zumindest legen das die angebrachten Schilder nahe. Allerdings ist diese Annahme zu optimistisch. Der Durchgang in der Mitte des Wagens ist also schmaler als grafisch dargestellt.
Da viel Fahrgäste, ihr Fahrrad verständlicherweise weder bei den Mehrzweckbereichen noch im Fahrradabteil unbeaufsichtigt zurücklassen und einen weitentfernten Sitzplatz im Zug einnehmen wollen, nehmen sie einfach auf den angrenzenden Klappstühlen Platz. Dies verringert die Kapazität des Fahrradtransports. Im Fahrradabteil sieht es daher regelmäßig so aus. Abgesehen davon, dass so der Ausgang für Fahrräder versperrt wird, ist man so im Alltagsgebrauch weit von den theoretisch möglichen 19 Stellplätzen entfernt.
Es ist erfreulich, dass in Desiro-Garnituren eigene Fahrradabteile eingerichtet wurden. Die Richtung stimmt. Doch es ist nicht ganz zielführend, wenn der Niederflur-Bereich eines ganzen Wagens von Sitzen befreit wird und die Kapazität für Fahrräder dann vermindert wird, wenn Fahrgäste die daneben befindlichen Klappstühle verwenden.
Daher wäre es zu empfehlen, dass man sich am Prinzip der Tiroler Desiro-Zwischenwagen orientiert. Denn dort können Fahrgäste neben den von ihnen abgestellten Fahrrädern auf echten Sitzen Platz nehmen. Allerdings müssten sich die Mehrzweckbereiche nicht nur am Beginn der Sitzreihen befinden, sondern sich bis zur Wagenmitte erstrecken. Dies sollte in beiden Zwischenwagen und im Steuerwagen ohne WC umgesetzt werden.
Weietre Informationen
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die ÖBB in Zügen verschiedener Generationen versuchen, die Fahrradmitnahme so kundenfreundlich wie möglich zu gestalten. Die angewandten Konzepte beinhalten oft gute Ansätze, sind aber optimierbar. Weitere Informationen, auch zu den Fahrkarten für die Fahrradmitnahme, gibt es im Video von Zügige Züge hier auf YouTube:
Dieser Beitrag wurde in Kooperation mit Zügige Züge gestaltet | Letzte Aktualisierung: 14.04.2024 | 11:11 Uhr